"Na… wie geht’s?" Eine Frage, hinter der wohl die wenigsten von uns die Erwartung an den Auftakt eines
von emotionaler Tiefe geprägten Gesprächs vermuten. Ist es doch meist nur ein Gruß, der einer
Begegnung vorrausgeht, welche mehr zufällig ist als verabredet war oder die sich wiederholt… täglich,
wöchentlich, jährlich, bei der Arbeit, im Wartezimmer, beim Gang aufs Amt oder Gerätetraining.
Eine Antwort ist meist schnell gefunden. Doch hier, so scheint es, verbietet uns die Künstlerin eine von
unseren konditionierten Floskeln. Aber Warum? Will sie vielleicht gar nicht wissen wie es uns wirklich geht?
Ist sie ignorant? Kann sie uns nicht leiden? Ja will sie ihr gegenüber denn gar nicht näher
kennenlernen und etwas über uns erfahren und hat ihr gesamtes emphatisches Potenzial ganz für sich selbst
ausgeschöpft, in ihrem, allen Künstlerinnen und Künstlern eigenen narzisstischen Anteilen ihrer
Persönlichkeit? Reicht sie sich vielleicht selbst aus und ist zufrieden mit dem was sie kann, mit ihrem
Talent, mit Pinsel, Stift und Leinwand… Braucht sie uns "normale" Menschen, in unseren sich täglich
wiederholenden Ritualen des Alltags, die aus Arbeiten und Einkaufen, aus Lieben und Streiten, aus Durch- und
Aushalten, aus sich arrangieren bestehen, ja brauch sie UNS als Projektionsfläche gar nicht mehr?
Ist IHR vielleicht unser Glück, unser Leid, unsere Freude und unsere Wut egal?
Wer das Werk von Bettina Mundry aufmerksam betrachtet, wird auf solche Gedanken wohl kaum kommen. Dabei ist
das Oeuvre der zeitgenössischen Künstlerin breit aufgestellt. Es bietet eine hohe malerische
Qualität durch verantwortungsbewussten Umgang mit Farbe, Form und Komposition und besticht gleichzeitig
durch vielfältige inhaltliche Bezüge und Spannungsfelder. Bettina Mundry schafft dadurch eine
eigenartige Atmosphäre, die Reales, Erzähltes und Erträumtes durcheinanderwirbelt, miteinander
verknüpft und so wieder neu vereint. Fragmente der Erinnerung und die Wahrnehmung aktueller gesellschaftlicher
Einflüsse vermengen sich zu surrealen Momentaufnahmen, manchmal auch in einer Art rätselhafter
Abgründigkeit.
Ihr Strich ist kontrolliert, präzise und ganz in der Gegenwart. Bettina Mundry malt nicht um etwas zu
verarbeiten und braucht nur eine pinsellange Distanz um etwas -austragen zu können-. Sie benötigt
für ihr Schaffen kein Gefühl von Heimat, um Identität zu finden und keine Art von
Zugehörigkeit um sich emotional zu verorten.
Sie malt keine Landschaften, um der Schönheit der Natur noch etwas von ihrer künstlerischen Interpretation
hinzuzufügen. "In der Natur, gibt es weder Kuchen noch Empfang…" Natur ist fast alles, auch schön und dass
ganz ohne den Kunstmaler! Aber was kann ihre Kunst leisten? "… Hand in Hand mit dem Betrachter. Sie sollte
ihm den Abgrund zeigen und ihn dann umarmen und ihn zurückführen in sichere Gefilde. … Denn DAS kann Kunst
leisten…!"
Unter Bettina Mundrys Händen entstehen Werke, die den Menschen etwas von ihrer Unbeugsamkeit, von ihrer
Zuversicht und von ihrem Mut zurückgeben. Als offensive Persönlichkeit ist folglich auch ihr
künstlerisches Schaffen offensiv. Reichlich ausgestattet mit der für eine Künstlerin, für einen
Künstler wesentlichsten Eigenschaft … die der Sensibilität. Und auch wenn sich nicht jedes Motiv seinem
Betrachter sofort erschließt, lohnt es sich, vertrauensvoll in seine eigene Gedankenwelt einzutauchen,
denn wir werden dort fündig werden. Und so tauchen wir ein und halten ihn aus, den oftmals direkten,
auffordernden Blick der Protagonisten in Mundrys Bildwelt. Was nicht immer einfach ist, denn wir schauen mit
ihnen tief in unsere eigenen Herzen hinein. Wenn wir es aber schaffen… dann, ja dann werden wir belohnt mit der
Erkenntnis: "Hey, ich kenne dich, ich verstehe dich und deinen Schmerz. Ich bin eine von euch, mittendrin.
Nimm also die Herausforderung an, vertraue deinen Fähigkeiten, suche nach Perspektiven… und … nutze sie!"
Als Malerin bleibt Bettina Mundry unabhängig, doch niemals neutral. Und selbst wenn die Protagonisten in
ihren Bildern scheitern, so scheitern sie doch grandios, hin bis zur vollständigen Auflösung. Wie ist
es also mit der Frage nach dem "Wie geht’s?" Kann es vielleicht doch eine Aufforderung sein, sich für sich selbst
zu sensibilisieren? Will sie uns vielleicht nur darauf aufmerksam machen, dass wir mit jedem unserer Gedanken
unbewusst auch eine Bewertung verknüpfen und diese Bewertung in uns allzu oft eher negativ ausfällt?
Kann es vielleicht doch manchmal eine ernst gemeinte Frage, als eine banale Grußformel sein,
dass: "Na… wie geht’s?" Vielleicht… Also Vorsicht mit der Antwort!
Laudatio zur Exposition "SAG NIEMALS: MUSS JA" / Arne Kalkbrenner, Multikulturelles Centrum Templin - Januar 2023
Sag niemals: muss ja (ein Film von Matthias Bruck)
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Kommandozentrale KUNST
Folge 1 - Bettina Mundry und Arne Kalkbrenner Podcast von Anja Panse
"Zum Start von Kommandozentrale KUNST besuche ich die beiden Künstler Bettina Mundry und Arne Kalkbrenner in
ihrem Atelier in der Nordwestuckermark. Wir reden ber ihre Lebenswege, ihre Arbeiten und die Erlebnisse der
letzten Monate..."
Anja Panse Regisseurin - Schauspielerin - Autorin / November 2021 www.anjapanse.de
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Es ist Montag, der 15.Jamuar 2018 und ich bin im Landtag Brandenburg in Potsdam. Eine Ausstellung wird eröffnet.
Sie trägt den Titel „Das andere Kapital“. Natürlich denke ich an Karl Marx, der am 5.Mai vor 200 Jahren
geboren wurde. Bei Karl Marx ging es um Ökonomie und Gesellschaftskritik. Im Landtag Brandenburg hängen
Zeugnisse eines ganz anderen Kapitals. Die Künstlerinnen der GEDOK Brandenburg gehen mit ihren Werken der
Frage nach: Was sind gesellschaftlich „kapitale Werte“ angesichts der zunehmenden Ökonomisierung aller
Lebensbereiche und des allgegenwärtigen Kosten-Nutzen-Denkens? Zu sehen sind bis Ende März 2018 Werke von
26 Künstlerinnen unter denen ich vor einem besonders lange verweilte:
Die 1959 in Görlitz geborene Bettina Mundry setzt mit ihrem Werk „Terror“ (2016) die Wirkung von Respektlosigkeit
ins Bild. Schwarz und rot dominieren. Im Zentrum ein spinnenartiger Körper mit einem Gesicht. Man ahnt, das da
kurz zuvor etwas explodiert ist. Ein Schrei liegt auf diesem Gesicht und es scheint, als würde das Blut dieses
Körpers aus dem Bild herausspritzen. Es fließt über viele Augenpaare am unteren Rand. Sind sie
Zuschauer des Geschehens oder Teil davon?
Als Betrachterin stehe ich davor und fühle die Grausamkeit des Dargestellten. Ich erinnere mich sofort: Kurz vor
Weihnachten 2017 war ich an der Gedächtniskirche in Berlin. Mein Amtsbruder Martin Germer führte mich und
andere PfarrerInnen an die Stätte des Terrors vor seiner Kirche. Ich sah und blieb irgendwie distanziert.
Doch jetzt, im Januar 2018, führt mich das Bild von Bettina Mundry direkt in den schrecklichen Augenblick vom
19.Dezember 2016 als ein Attentäter mit einem Sattelschlepper in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt fuhr.
Das Bild gibt dem Augenblick Ausdruck und mir als Betrachterin die Möglichkeit, etwas zu erkennen: Terror ist
Respektlosigkeit gegen den Leib und die Seele. Terror ist rabenschwarz und blutig. Terror übt Macht aus und
will alles in ein Chaos stürzen. Terror erzeugt Täter und Opfer.
Plötzlich schiebt sich in meinem Inneren ein anderes Bild darüber: der leidende Christus am Kreuz. Blutig
gefoltert, mit einem Schrei auf den Lippen. Fragen kreisen in meinem Kopf herum: Warum lässt Gott das zu? Aus
meinem Gedächtnis springt eine Liedzeile von Gerhard Schöne zum Choral „Jesu, meine Freude“ ...Und wenn ich
ganz unten bin, weiß ich dich an meiner Seite, Jesu, meine Freude.
Mir fehlen stets die Worte, wenn es um das unsagbar schreckliche Leid auf dieser Welt geht.
Vielleicht bin ich deshalb solange stehen geblieben vor dem Bild von Bettina Mundry.
Als Pfarrerin soll ich Zuversicht geben, Gottes Wort sagen als frohe Botschaft. Doch was sagt eine Pfarrerin
angesichts des Terrors? Am besten nichts. Ich kann nur hoffen, dass es stimmt, was Gerhard Schöne singt und dass
wir Jesus an der Seite haben wenn es blutig, roh und schrecklich wird. Nichts anderes macht Sinn für mich, wenn
ich den Gekreuzigten betrachte.
Ich wünsche uns Jesus an der Seite in den nächsten Wochen von Passion und Ostern!
Pfarrerin Susanne Seehaus
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„Nichts ist schon zu spät …!“ (Henning Mankell)
Wer sich auf die Arbeit von Bettina Mundry einlässt, wird an diesem Gedanken wohl kaum vorbei kommen. Sie malt
realistisch, meist überlebensgroß, die Bilder intensiv in ihrer Farbigkeit, intensiv auch in ihrer
Aussagekraft. In der Regel sind es Portraits von Menschen die ihr nahe stehen: Verwandte, Enkel, Kinder … Menschen
die ihr am Herzen liegen, die sie berühren. Menschen die etwas zu erzählen haben und die vielleicht nicht
mit dem Mund, wohl aber mit den Augen sprechen können. So wird ein Moment nur in einem Blick manifest, der
etwas von einer Persönlichkeit und von ihrer Geschichte Preis gibt. Keine Worte, sondern ein Gesicht mit einem
Ausdruck. Bettina Mundry fängt ein und erzählt uns so etwas davon, führt uns näher heran und
lässt uns mitfühlen. Und so verhält es sich auch mit ihren Selbstportraits. Sie sagt: „Es gibt Dinge,
die kann ich am besten mit meinem eigenen Gesicht sagen…“ und so steht sich die Malerin selbst Modell und fügt Gedanken,
Stimmungen und Gefühle zusammen in die ihr vertrauteste Projektionsfläche. Reduziert auf den IST-Zustand,
ganz Gegenwart und präzise.
Bettina und ich leben und arbeiten nun schon seit einiger Zeit zusammen und immer noch ist die Entstehung eines
neuen Bildes, welches solitär oder als Teil einer Serie steht, aufregend … und überraschend für mich. Es
kommt regelmäßig vor, dass ich begeistert bin und in ein Bild hineingezogen werde weil es mich emotional
berührt. Es ist mehr als nur der Blick eines Protagonisten der mich verfolgt. Bettina arbeitet offen. Meist an
mehreren Bildern parallel und lässt mich die Entstehung miterleben. Sie präsentiert nie erst ein fertiges
Kunstwerk, spricht im Prozess über das was sie zum Ausdruck bringen möchte … und es stimmt darin
unterscheiden wir uns. Im Atelier stehen ihre Staffeleien nie am Rand, sie beschränkt sich nicht auf einen Teil
des Raumes … und unser Atelier ist groß. Nie wirkt die Malerin überfordert von dem was sie vorhat, oder
vielleicht von den Ausmaßen ihrer Leinwand. Sie weiß, dass sie sich auf sich und ihre Fähigkeiten
verlassen kann. Selbstvertrauen kommt durch handwerkliche und emotionale Kompetenz.
Ihr Pinselstrich ist kontrolliert, das Ergebnis dennoch offen. Bettina Mundry malt nicht, um etwas zu verarbeiten oder
um einen Konflikt nonverbal und aus der Distanz heraus auszutragen. Sie malt um den Menschen etwas von ihrer
Unbeugsamkeit, ihrem Mut und ihrer Zuversicht mitzugeben. Sie ist ein offensiver Mensch und folglich auch als
Künstlerin offensiv. Ausgestattet mit der für einen Künstler wichtigsten Gabe … die der Sensibilität.
Auch mir erschließt sich nicht jedes Bild sofort, aber ich kann eintauchen in meine Gedankenwelt und ich werde
fündig. Für mich bleibt es ein Privileg Bettinas Werke als Erster sehen zu dürfen und nicht immer … aber oft
fragt sie mich nach meiner Meinung. Dieser Austausch ist anregend, fruchtbar, manchmal auch aufgeladen und kontrovers,
aber immer ist er wertvoll … letztlich auch für meine Arbeit.
Auf Bettina Mundrys Arbeiten muss man sich einlassen können, den oftmals direkten und auffordernden Blick der
Dargestellten muss man aushalten können. Das ist nicht immer einfach, denn sie schauen tief in unsere Herzen …
muss es denn einfach sein? Wer es schafft, wird mit folgender Erkenntnis belohnt: „Ich bin einer von euch,
mittendrin. Nimm du die Herausforderung an, such nach Perspektiven und vertraue deinen Fähigkeiten … nutze sie …
widersetze dich … kämpfe!“ “The one thing that you have that nobody else has, is you. Your voice, your mind,
your story, your vision. So write and draw and build and play and dance and live only as you can.”
(Neil Gaiman)
Bettina Mundry muss niemanden beweisen, dass sie malen kann. Sie benötigt keine „Heimat“ um sich emotional verortet
zu fühlen, vielleicht malt sie auch deshalb keine Landschaften … können würde sie es. Als Malerin bleibt sie
unabhängig, doch niemals neutral. Und selbst wenn ihre Protagonisten in den Bildern scheitern, scheitern sie
grandios und bis zur vollständigen Auflösung. „Manchmal ist Scheitern eben Scheitern und keine Chance die sich
ergibt, aber wie ich unter gehe … bestimmt nicht ihr! Nichts ist schon zu spät…!“
Mit ihrer Kunst leistet Bettina Mundry ihren Beitrag zur Nachhaltigkeit im kollektiven Gedächtnis der Gesellschaft.
Wer wird sich schon an die Bilanzen eines börsendotierten Unternehmens oder an die Insolvenz einer Bank erinnern.
Es sind immer Kunstwerke, die den Menschen eine Zeit nahe bringen und die das Leben in ihr anschaulich und
begreifbar machen… auch in Zukunft.
Laudatio zur Exposition „Den Umständen entsprechend vergnügt“ / Arne Kalkbrenner, Prenzlau - 2015
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Augen, Ohren, Herzen öffnen
Mit meinen Bildern erforsche ich Unsichtbares, breche behutsam sichtbare Oberfläche auf,
ohne zu zerstören - zum Teil auf humorvolle, zum Teil auf ironische Weise. Ich mache Wünsche,
Träume, Alltagsbefindlichkeiten, Bedürfnisse, Emotionen, menschliche Stärken und Schwächen in
Form und Farbe lebendig. Das eigene aber auch das fremde Ich erwachsen dabei zu Bildgegenständen.
Aus einer inneren Notwendigkeit heraus finde ich Symbole für das Leben - die Bewegung und die
Begegnung - das Reifen und Wachsen. Dabei öffne ich Augen, Ohren und Herzen der Menschen und trage
meine Vision in die Welt, dass wir Menschen uns aufrichtiger begegnen mögen, den Mut haben, Gefühle
zu zeigen oder aus der Reihe zu tanzen.
Leben ist Begegnung.
Wir Menschen müssen aufeinander Acht geben, uns in unserer Einzigartigkeit
respektieren, sensibel miteinander umgehen, zuhören: offenen Auges, offenen Ohres, offenen Herzens.
Nur so wird offene Begegnung möglich.
Leben ist Bewegung.
Alles ist im Fluss. Das Bewegte fließt und wächst aus meinen Figuren heraus.
Es sucht sich seinen Weg, um Einfluss zu nehmen, um etwas zu bewegen, einen fruchtbaren Dialog zu
eröffnen, das Leben anderer Menschen kraftvoll zu durchströmen.
Leben ist Wachsen und Reifen.
Veränderungsprozesse des eigenen aber auch des fremden Ichs symbolisiere ich durch Ranken, Blüten,
Bäume oder Naturstrukturen, wie Baumrinden und Wasserkreise. Die Intention der Veränderung möchte
ich weitertragen und Augen, Ohren, Herzen öffnen.
Bettina Mundry *1959
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Die Bilder von Bettina Mundry lassen die Phantasie treiben wie einen Kahn auf weitem offenem See.Immer
gehört eine Geschichte dazu, die ohne sichtbare Absicht erzählt wird und keine stellvertretenden
Symbole zitiert. Die Motive brauchen ihre eigene Zeit des Wachsens, füllen den Kopf und müssen "ausgemalt"
werden, bevorzugt mit Acryl, Pastellkreide und Tusche. Wir werden Zeuge, wie Gefühle frei werden und
(manchmal sogar im wahrsten Sinne des Wortes) dem Kopf entspringen. Die Bilder spiegeln Stimmungen von Harmonie
bis Streitlust, von Ironie bis Traumtanz. Trauen wir also der Phantasie.
Katalogtext von Carola Baum - Lyrikerin
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Wie Wanderer, die auf stürmischer Landstraße ihren Mantel nach der Seite hängen, aus der der
Wind kommt, beschreiten Bettina Mundry und Arne Kalkbrenner das Feld der Kunst. Dabei zeigen sie Charakter,
retten Grundsätze und schicken sich vergnügt in Umstände, die sie nicht erschaffen, aber gestalten
können. Diese Künstler tragen ihre Mäntel auf beiden Schultern, können so gefasst auf alle
Möglichkeiten sein. Aber kommen sie mit friedlichen Absichten?
Was weht uns da an? Süß portioniere Rettungswesten, von rotem Schokoladenpapier gesättigte
Standardwaffen und flugunfähige Tauben verschonen uns nicht, über andere Verluste nachzudenken, als der
Wohlstand sie vor uns ausbreitet. Was ist aus der tröstenden kleinen weißen Friedenstaube des
Kinderliedes geworden, das Arne Kalkbrenner erinnert? Sollte sie nicht übers große Wasser allen Menschen,
groß und kleinen, den Frieden bringen?
Der Künstler stellt 25 Figuren in den Raum und überlässt den Betrachtern die Entscheidung, ob die
willkürliche Markierung Rettung bedeutet, auf Davonkommen, kündende Sicherheit verweist oder das Gegenteil
bewirken wird. Nichts wird vom Künstler beschönigt, nur der Deckmantel gelüftet, unter dem Politik
moralische Maßstäbe wieder ins Dunkel hüllt und verändern will. Da dräuen Verhaltensweisen,
die viele gern der Vergangenheit anheimgeben.
Die Neigung, mit der Bettina Mundry und Arne Kalkbrenner in ihrer künstlerischen Arbeit Liebe und Zorn vereinen,
berührt. Sie wird in der beabsichtigten Aussage genauso sichtbar wie in den gewählten Ausdrucksmitteln.
Man soll den Mantel kehren, wie das Wetter geht, sagt ein altes Sprichwort aus einer Zeit, als ein Mantel nichts
als Schutz bedeutete. Mit Wärme erfüllen die „Zauberlehrlinge“ von Bettina Mundry das Herz des Betrachters,
entrinnen Stationen des Lebens kühler Berwertung, wird der Ariadnefaden gestrickt, der vom Schicksal kuriert
und Lebensträume befreit.
Verspielt und fröhlich geht das Künstlerpaar durch den Sturm. Garantiert waffenlos. Teilen sie den Mantel?
Oder hat sich dieser verdoppelt?
Laudatio zur Exposition „Den Umständen entsprechend vergnügt II“ / Ines Baumgartl, Rangsdorf - März 2017
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Nachsatz zur Personalausstellung WEIBSBILDER und andere Kleinigkeiten in der Galerie Kuckucksnest
in Berlin, März 2007
Mit mehr als vierzig Gästen war die Vernissage schon sehr gut besucht! Die Lyrikerin Ines Baumgartl las aus
ihren Werken und verlieh damit dem Abend einen besonderen Klang. Vielleicht verdanken wir dem Presseartikel
über unsere 100. Ausstellung das größere Interesse; die Begeisterung ist aber allein der Auffassung von
Bettina Mundry geschuldet. Mit Schmunzeln und Staunen betrachteten Leute die Bilder, fanden sich darin wieder, waren
deutlich angezogen, fühlten sich verstanden und verstanden selbst. Eine solche Resonanz ist selten und
wird die Malerin freuen, die betont, dass ihr am Darstellen des Alltäglichen liegt.
Konstanze Sass
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